Für das Erstellen von präzisen Hochwasservorhersagen und –warnungen sind kontinuierlich gemessene Wasserstand-, Abfluss- und Niederschlagsdaten notwendig. Wasserstand- und Abflussmessungen, die über einen längeren Zeitraum hinweg durchgeführt werden, ermöglichen es zudem, das Verhalten der oberirdischen Gewässer zu dokumentieren. Liegt eine längere Zeitreihe vor, können daraus statistische Werte ermittelt werden, welche die Grundlage für die Planung und die Bemessung von wasserwirtschaftlichen und wasserbaulichen Anlagen, wie z. B. den Bau von Hochwasserschutzmaßnahmen, Renaturierungen oder neuen Bauwerken wie Brücken oder Fischaufstiegsanlagen darstellen. Im Folgenden wird daher die Messtechnik, ihren Einsatz bei AGE sowie die Grundlagen der Auswertung erläutert.


Definition Hydrometrie

Hydrometrie wird in der Hydrologie allgemein als die „Lehre vom Messen hydrologischer Größen“ definiert und befasst sich mit der mengenmäßigen Erfassung des hydrologischen Kreislaufes. Die Hydrometrie erhebt Daten aus den Oberflächengewässern, dem Grundwasser und dem Niederschlag, wertet sie aus und stellt sie dar. Dazu unterhält der Service Hydrologie et hydrométrie Messstationen an über 50 Standorten in Luxemburg (siehe Messnetz der AGE)


Der Pegel

Mit der Pegellatte wird der Wasserstand in Flüssen, Kanälen und anderen Gerinnen, in Seen und im Meer gemessen. In der Hydrometrie wird die Messstelle als Ganzes auch als Pegel bezeichnet. Ein Pegel wird in der Regel so angelegt, dass er sowohl bei den höchsten als auch bei den niedrigsten Wasserständen die Wasserstandsänderung messen und übermitteln kann. In der unteren Abbildung sind typische Pegelelemente dargestellt, wie sie auch bei der AGE zum Einsatz kommen.

Das Gewässerbett am Pegel ist idealerweise ausgebaut (Trapezform) oder so befestigt bzw. ausgelegt, dass sich der Querschnitt nicht ändert. Damit ist garantiert, dass immer bei gleichen Bedingungen gemessen werden kann. Vor allem hinsichtlich einer stabilen WQ-Beziehung ist dies unerlässlich. Zu jedem Pegel gehört eine Pegellatte, die entweder in Form eines Schrägpegels an einer Pegeltreppe oder vertikal, meist in Form eines Staffelpegels, befestigt ist. Oft sind Pegelstationen mit einem Pegelschacht ausgestattet. Dieser ist auf der niedrigsten Stelle mit dem Gewässer verbunden, sodass der gleiche Wasserstand wie in dem zu messenden Gewässer herrscht. Darin befindet sich der traditionelle Schwimmer, der seit jeher als Messgerät eingesetzt wird. Auch andere Messgeräte wie die Drucksonde können in Pegelschächten installiert werden. Ein Pegelschacht bedarf einer andauernden Instandhaltung, da er anfällig für Vereisungen und Versandung ist. Eine andere Möglichkeit ist es Messgeräte direkt über ein Rohr an den tiefsten Punkt im Gewässer zu legen, so z.B. die Drucksonde, der Piezometer oder das Einperlsystem. Ein Pegelhaus mit oder ohne integrierte Seilkrananlage findet man eher an größeren Flüssen oder solchen, die bei Hochwasser schwer zugänglich sind. An der Seilkrananlage können Messflügel oder auch kleine Boote mit spezieller Messtechnik befestigt werden, um dieses so leichter über die gesamte Gewässerbreite hinweg zu bewegen. Tatsächlich befinden sich viele AGE Pegel auch in der Nähe von Brücken. In dem Fall ist der Einsatz von berührungslosen Messgeräten, wie dem Radar auch ohne Zusatzhalterung möglich. Bei der AGE sind mittlerweile sämtliche Pegel mit einem redundanten Messsystem (mindestens zwei Messgeber) ausgestattet. Alle Messdaten werden auf dem Logger gespeichert und von dort aus in die Datenbank der AGE übertragen.


Messung der Oberflächengewässer

Der Wasserstand an der Pegellatte

Der Wasserstand wir immer mit bloßem Auge von Pegellatten abgelesen, die im oder am Gewässer z. B. an Mauern, Brücken oder Treppen angebracht sind. Die Pegellatte ist in der Regel mit schwarzen E-Marken in dezimeterweisen Schritten und 2 cm Unterteilung auf weißem oder gelbem Untergrund eingeteilt. Die Ablesegenauigkeit des Pegels liegt bei ± 1 cm und gehört zur Standardausrüstung an einem Pegel. Der Wasserstand wird mit „W“ gekennzeichnet und in „cm“ angegeben.

Heutzutage sind die Pegel in der Regel mit kontinuierlichen Wasserstandsmessern ausgestattet. Als Bezugshöhe für Messungen und Beobachtungen dient der Pegelnullpunkt, der sich auf Normal Null (NN) bezieht und immer definiert sein muss. In vielen Ländern gibt es noch private Pegelbeobachter, die ein oder mehrmals am Tag den Wasserstand ablesen und notieren. Bei der AGE wurden diese Beobachtungen 2015 eingestellt und durch eine kontinuierliche Wasserstandsmessung ersetzt.

Die Wasserstandsmessung – Der Schwimmerpegel

Bei einem Schwimmerpegel werden die Wasserstandsschwankungen mit Hilfe eines Schwimmkörpers ermittelt. Die vertikalen Bewegungen werden über das Schwimmerseil auf einen Winkelkodierer übertragen und entweder mechanisch auf einer Trommel oder digital aufgezeichnet. Das Seil steht durch ein Gegengewicht unter Spannung. Der Schwimmerpegel wird, um ihn vor Treibgut oder sonstigen Störfaktoren zu schützen, in einem Schacht installiert.

Die Wasserstandsmessung – Die Drucksonde

Die Drucksonde liegt direkt im Gewässer oder in einem Pegelschacht. Bei der Drucksonde wird der Druck der Wassersäule über einer Relativdruck-Messzelle ermittelt. Durch eine Druckausgleichkapillare im Drucksondenkabel steht der momentane Umgebungsluftdruck der Messzelle als Referenz zur Verfügung. Fehlerhafte Messergebnisse durch atmosphärische Luftdruckschwankungen sind somit ausgeschlossen. Die Drucksonde wird sehr häufig eingesetzt. Es kann jedoch vorkommen, dass eine Drucksonde bei sehr niedrigen Wasserständen auch einmal trocken fällt. Das System wird zur Messung des Wasserstands von Oberflächengewässern und des Grundwassers benutzt.

Die Wasserstandsmessung – Der Piezometer

Der Piezometer liegt direkt im Gewässer oder in einem Pegelschacht. Beim Piezometer misst der piezoresistive Sensor den Wasserstand über die Druckänderungen in Folge von Wasserstandsschwankungen. Der gemessene Wasserstand wird hier aus dem hydrostatischen Druck der über dem Sensor liegenden Wassersäule ermittelt. Über die elastische Druckbiegung einer sich im Messkopf befindlichen Membran wird die Druckänderung ermittelt und an die vorhandene Elektronik weitergegeben. Das System wird zur Messung des Wasserstands von Oberflächengewässern und des Grundwassers benutzt.

Die Wasserstandsmessung – Das Einperlsystem

Bei dem Einperlsystem wird der Wasserstand über eine Pneumatiksonde ermittelt. Das Einperlsystem liegt direkt im Gewässer. Das Ende einer dünnen Messleitung ist mit einer Ausperlöffnung versehen, an dem Stickstoff oder komprimierte Luft ausperlt. Nach dem Ausblasvorgang stellt sich an der Ausperlöffnung ein Druckgleichgewicht zwischen dem Leitungsdruck und dem Wasserdruck ein. Jede Änderung des Wasserstandes wird von einem Druckdifferenzmesser erfasst.

Die Wasserstandsmessung – Der Radarsensor

Der Radarsensor ermöglicht die berührungslose Messung des Wasserstandes. Das Messgerät wird oberhalb der zu messenden Wasseroberfläche an einer Brücke oder einer Halterung installiert. Das Funktionsprinzip basiert auf der Impuls-Radar-Technologie (Echolot). Dabei werden elektromagnetische Wellen (Radarimpulse) zur Wasseroberfläche gesendet, von dieser reflektiert und vom Sensor wieder empfangen. Ein Prozessor bestimmt die Strecke zwischen dem Sensor und der Wasseroberfläche.

Die Abflussmessung – Das Prinzip

Der Abfluss oder Durchfluss eines Gewässers bezeichnet das Wasservolumen [m³], das den Querschnitt des Gewässers [m²] pro Zeiteinheit [s] durchfließt. Er wird mit „Q“ gekennzeichnet und in der Regel mit „m³/s“ oder „l/s“ angegeben. Wird der Abfluss auf das Einzugsgebiet [km²] normiert, spricht man von der Abflussspende, welche mit „q“ gekennzeichnet und in der Regel mit „l/s/km²“ angegeben wird. Der Zusammenhang wird auch über die Kontinuitätsgleichung ersichtlich:

Q = vm · A

Q = Abfluss [m³/s]
Vm = Fließgeschwindigkeit [m/s]
A = Querschnitt [m²]

Diese impliziert auch, dass die Fließgeschwindigkeit des Abflusses zunimmt sobald sich der Querschnitt verengt. Den meisten Messmethoden liegt dieser Zusammenhang zu Grunde, sodass der Abfluss über die Fließgeschwindigkeit [m/s] im Gewässer abgeleitet werden kann.

Das Fließgeschwindigkeitsprofil in einem offenen Gerinne ist in der nebenstehenden Grafik dargestellt. Die Geschwindigkeit ist an der Oberfläche am höchsten und tendiert an der Gewässersohle gegen Null. Für die Ermittlung einer mittleren Fließgeschwindigkeit sollte daher optimaler Weise an mehreren Punkten über die Tiefe gemessen werden. Dabei spricht man von einer Lotrechte, der ein Abfluss zugeordnet wird.

Um den Durchfluss aber über den gesamten Querschnitt zu berechnen, werden die Lotrechten an mehreren Stellen bestimmt. Anschließend werden sie über die gesamte Breite integriert, wobei hier unterschiedliche Verfahren zur Verfügung stehen. Die Fläche der Integration entspricht dann dem Abfluss im Gewässer. Diese Vorgehensweise gilt für alle Messmethoden, die auf dem Prinzip der Fließgeschwindigkeitsmessung beruhen. Der Unterschied liegt alleine in der Anzahl der Messpunkte bzw. Lotrechten.

Die punktuelle Abflussmessung – Der hydrometrische Flügel

Eine klassische Methode zur punktuellen Messung des Abflusses ist mit Hilfe des hydrometrischen Flügels. Dieses Messgerät ist mit einem propellerähnlichen Flügel ausgestattet, der sich je nach Fließgeschwindigkeit des Wassers schneller oder langsamer dreht. Mithilfe eines Zählgerätes wird die Anzahl der Umdrehungen während der Messdauer registriert, aus der dann mittels einer definierten Flügelgleichung die mittlere Geschwindigkeit des Wassers an der Messvertikale abgeleitet werden kann. Um den Abflusswert zwischen beiden Ufern zu erhalten, muss die Fließgeschwindigkeit an mehreren Punkten des Gewässerquerschnittes, gemessen werden.

Dabei unterscheidet man zwei Methoden. Bei der Punkt-für-Punkt-Methode werden die Geschwindigkeiten in verschiedenen, vorgegebenen Tiefen in einer Vertikalen eines Abschnittes gemessen. Anschließend wird die mittlere Geschwindigkeit der Vertikalen berechnet. Bei der Integrationsmethode wird die mittlere Geschwindigkeit gemessen, in dem der Propellerflügel mit konstanter Geschwindigkeit auf der Vertikalen von der Gewässersohle zur -oberfläche bewegt wird. Die Punkt-für-Punkt Bestimmung ist aufschlussreicher als die Integrationsmethode. Letztere erlaubt jedoch ein schnelleres Arbeiten und wird bei größeren Tiefen und bei schnellwechselnden Wasserständen eingesetzt. Je nach Hoch- oder Niederwasserperioden wir der Propellerflügel an einem Schwimmkörper oder einer Flügelstange befestigt. Der größte Messflügel bei der AGE hat ein Gesamtgewicht von 50 kg. Er ist in einem ausgemusterten Krankenwagen befestigt und kann bei großem Hochwasser von Brücken aus eingesetzt werden. Alternativ kann dieser aber auch an einer Seilkrananlage befestigt werden.

Die punktuelle Abflussmessung – Der magnetisch-induktive Messer

Der magnetisch-induktive Durchflussmesser (MID), funktioniert nach dem Faraday’schen Gesetz der elektromagnetischen Induktion. Im untergetauchten Messaufnehmer wird zwischen zwei fixen Elektroden eine elektrische Spannung induziert. In diesem Magnetfeld ist die induzierte Spannung proportional zur Fließgeschwindigkeit. Nach der Verarbeitung durch ein elektronisches Steuermodul wird die Geschwindigkeit auf einem Bildschirm angezeigt. Die momentane bzw. mittlere Geschwindigkeit über einen vordefinierten Zeitraum kann so ermittelt werden. Der magnetisch-induktive Durchflussmesser wird in allen Fließgewässern eingesetzt. Häufig findet er jedoch bei niedrigen Wasserständen oder bei Verkrautung Verwendung, wo der hydrometrische Flügel nicht mehr eingesetzt werden kann. Die Auswertung erfolgt ähnlich wie beim hydrometrischen Flügel beschrieben.

Die punktuelle Abflussmessung – Der Acoustic Doppler Current Profiler (ADCP)

Der Acoustic Doppler Current Profiler (ADCP) nutzt das Prinzip des Doppler-Effektes, also die Veränderung der gemessenen Frequenz zwischen Schallquelle und denen sich im Wasser befindlichen Schwebstoffen. Der ADCP ist in der Regel auf einem kleinen Trimaran montiert, welcher mithilfe eines Seiles von einem Ufer zum anderen gezogen wird (per Seilkranlage oder manuell). Während der Überfahrt sendet das Messgerät Ultraschallimpulse aus, die von den im Wasser schwimmenden Schwebstoffen reflektiert und zum Messgerät zurückgesendet werden. Über die Laufzeit, die das Signal braucht, um zum ADCP zurückzukehren, kann die Fließgeschwindigkeit des Wassers abgeleitet werden. Über die gemessene Fließgeschwindigkeit und den Querschnitt kann schließlich mit mathematischen Formeln wiederum der Abfluss berechnet werden. Bei neueren Geräten kann man diese Technik ebenfalls mit GPS ausrüsten. Dies ist insbesondere bei einem Hochwasser mit erhöhtem Geschiebeanteil von Vorteil. Je nach eingesetzter Signalfrequenz ist die Erfassung der Gewässersohle unter Umständen nämlich schwierig, sodass die genaue Bootsbewegung zusätzlich über das GPS-Signal registriert werden kann. Diese Informationen können dann bei der Auswertung des Abflusses einen großen Mehrwert darstellen. Die Boote mittels ADCP-Technik finden mittlerweile am häufigsten Anwendung bei der AGE, da sie eine relativ schnelle und zuverlässige Abflussmessung ermöglichen.

Die punktuelle Abflussmessung – Das Verdünnungs- oder Tracerverfahren

Bei der Durchflussmessung mit Tracern (Markierungsstoffen) handelt es sich um eine Laufzeitmessung. In diesem Fall um die Laufzeit eines markierten Wasserkörpers entlang einer bekannten Wegstrecke. Man spricht von Verdünnungs- oder Tracerverfahren. Dieses kann insbesondere in stark turbulenten Fließgewässern oder Fließgewässern mit geringer Tiefe eingesetzt werden. Bei dem Tracerverfahren wird eine genau definierte Menge einer Tracerlösung als einmalige Zugabe oder als konstante Einspeisung in das Gewässer eingeleitet. Am Ende der Messstrecke wird die Konzentration des Tracerdurchgangs als Ganglinie gemessen. Wichtig ist, dass der Messpunkt weit genug von der Eingabestelle entfernt ist, damit der Tracer sich vollständig im gesamten Querschnitt durchmischt hat. Für die Messung wird angenommen, dass die Konzentration des Tracers linear mit dem Abfluss zusammenhängt, das heißt je stärker der Tracer verdünnt wurde, desto höher ist der Abfluss. Bei der Methode mit der einmaligen Zugabe wird die Messung so lange durchgeführt, bis der Tracer nicht mehr messbar ist. Die Fläche unter der gemessenen Tracerdurchgangslinie ergibt dann den Abfluss. Traditionell dienen Kochsalz (Natriumchlorid) oder Farbtracer als Tracer. Das Tracerverfahren kommt bei der AGE erst seit kurzem zum Einsatz und findet vor allem bei sehr niedrigen Abflüssen (< 500 l/s) Verwendung, bei denen viele andere Messmethoden nicht mehr anwendbar sind.

Die kontinuierliche Abflussmessung

Durch den technischen Fortschritt der vergangenen Jahre gibt es mittlerweile auch kleinere Messgeräte, die eine kontinuierliche Messung des Durchflusses erlauben. Die Technik, die dabei zum Einsatz kommt, ist dieselbe, die bereits bei punktuellen Abflussmessungen angewendet wird. Bei der AGE werden aktuell (Stand 2017) zwei verschiedene Messgeräte Testweise eingesetzt.

Beim ersten handelt es sich um einen an der Gewässersohle befestigten Sensor, der nach dem Prinzip der ADCP-Messung funktioniert. Dieses Gerät kann bis zu einer Wassertiefe von 5 m genutzt werden. Bei der Messung wird ein detailliertes Profil der Geschwindigkeitsverteilung erstellt und in bis zu 100 einzelne Zellen aufgeteilt. Ein integrierter Drucksensor und ein Vertikalsensor dienen zusätzlich zur Bestimmung des Wasserstandes. Mit Hilfe einer Software wird über die bekannte Gerinnebettgeometrie und die ermittelten Informationen zu Geschwindigkeit, Geschwindigkeitsrichtung und Wasserstand der Durchfluss berechnet.

Beim zweiten handelt es sich um eine berührungslose Durchflussmessung mittels Radartechnologie. Hierbei sind zwei Radar-Messmethoden zur Bestimmung der Oberflächengeschwindigkeit und des Wasserstandes im Gerät vereint. Die Messung der Fließgeschwindigkeit basiert, wie bei der ADCP-Technik, auf dem Prinzip des Doppler-Effekts. Der Wasserstand wird über eine Laufzeitmessung ermittelt. Über die bekannte Gerinnebettgeometrie kann so der Durchfluss berechnet werden. Aufgrund der berührungslosen Radartechnologie ist das Messgerät nicht durch Verschmutzung und Treibgut im Gewässer gefährdet. Damit hat man einen sehr wartungsarmen Betrieb und eine erhöhte Ausfallsicherheit, vor allem bei Hochwasser.

Die Wasserstands-Abfluss-Beziehung (WQ-Beziehung)

Messgeräte, die es erlauben, den Abfluss (oder Durchfluss) direkt zu messen, sind vor allem an kleineren Flüssen eher selten. Da punktuelle Abflussmessungen meist zeitlich und personell aufwendig sind, ist es in der Hydrometrie gängige Praxis, den Wasserstand kontinuierlich zu messen und daraus den Abfluss zu berechnen. Dazu wird die Wasserstand-Abfluss-Beziehung (WQ-Beziehung) genutzt, die wie der Name es schon sagt, eine Korrelationskurve zwischen dem Wasserstand (W) und dem dazugehörigen Abfluss (Q) darstellt (siehe untere Grafik). Die WQ-Beziehung wird auch noch Abflusskurve genannt.

Für die Aufstellung der W-Q-Beziehung werden die punktuell gemessenen Abflüsse und die gleichzeitig beobachteten Wasserstände gegeneinander aufgetragen. Die Abflussmessungen sollten für ein möglichst breites Spektrum an Wasserständen durchgeführt werden. Durch die Gesamtheit der Wertepaare (W, Q) wird dann eine Trendlinie gelegt. Mit Hilfe dieser Linie (Abflusskurve) ist es möglich, kontinuierlich für jeden Wasserstand den Abfluss zu berechnen. Liegen nicht für alle Wasserstände Abflussmessungen vor, kann die WQ-Beziehung durch Hinzuziehen von Querprofilen an der Messstelle extrapoliert werden. Es ist wichtig, regelmäßig punktuelle Abflussmessungen durchzuführen, um ihre Gültigkeit am Pegel zu überprüfen. Die kleinsten Veränderungen am Pegel können zu Unterschieden in der WQ-Beziehung führen. Vor allem nach schweren Hochwassern ist eine Überprüfung der Kurve zwingend erforderlich.

Wollen Sie mehr zu der WQ-Beziehung wissen, dann geht’s >>> hier zum Online-Lern-Modul (in deutscher und englischer Sprache).


Messung des Niederschlags

Ein wichtiger Parameter für die hydrologische Modellierung ist der Niederschlag. Nur wenn dieser zeitlich und räumlich korrekt erfasst wird, können zuverlässige Berechnungen durchgeführt werden. Die AGE misst mit 18 Pluviometer den Niederschlag (siehe Messnetz der AGE). Beim Pluviometern wenden die Hersteller unterschiedliche Messmethoden an. So gibt es z.B. die Messung mit einer Kippwaage (eine Niederschlagsschale füllt sich mit Wasser, kippt, entleert sich und die gegenüberliegende Niederschlagsschale füllt sich) oder die Messung nach dem Wägeprinzip (Gewichtsbestimmung). Jede Methode hat ihre Vor- und Nachteile. Bei der AGE wird nur nach dem Wägeprinzip gemessen. Ein Niederschlagsereignis erkennt der Pluviometer durch die Änderung im Gewicht des Auffangbehälters. Der Auffangbehälter hat eine Öffnung von 200 cm² (Prinzip nach Hellmann) und ist mit einem beheizten Ring versehen. Dieser verhindert im Winter Eisanhaftungen und Scheehaubenbildung. Als Sensorelement dient eine hochpräzise und langzeitstabile Wägezelle, welche gegen Umwelteinflüsse hermetisch abgedichtet ist. Der Sensor ermittelt alle sechs Sekunden das Gewicht mit einer Auflösung von 0,01 mm (oder l/s). Aus der Differenz zwischen diesem Messwert und dem Grundgewicht des leeren Auffangbehälters ergibt sich der momentane Behälterfüllstand. Die Differenz aus dem aktuellen und dem vorhergehenden Behälterfüllstand ergibt dann die Niederschlagsintensität in mm/min oder mm/h. Die Verfälschung der Messergebnisse durch Wind oder durch Hinzukippen einer Flüssigkeit wird durch einen speziellen Filteralgorithmus verhindert.


Fernübertragung

Alle Daten, die an den Pegelstationen am Logger gesammelt werden, werden per Fernübertragung an den Datenserver der AGE übermittelt. Dabei wird zwischen zwei Systemen unterschieden:

Beim System A werden die Daten vom Kommunikationsserver über das Internet abgerufen und an den Datenserver übermittelt. Dieser Abruf wird alle 15 min getätigt. Beim System B hingegen sammelt der Logger die Daten und schickt diese per Push-Betrieb an einen FTP-Server, von wo sie ebenfalls an den Datenserver übermittelt werden. Der Push-Betrieb wird in der Regel alle vier Stunden initiiert.


Statistische Auswertungen

Alljährliche Prüfung der Zeitreihen

Die Zeitreihen und WQ-Beziehungen der AGE werden einmal jährlich rückwirkend geprüft. In der Regel liegen bis November geprüfte Zeitreihen bis zum Ende des Vorjahres vor. Da die Daten nicht nur dem Auftrag der Hochwasservorhersage dienen, sondern die Basis vieler wasserwirtschaftlichen Fragen in Luxemburg bilden, ist es wichtig die Wasserstandsdaten sehr detailliert zu prüfen. Dazu werden auch Informationen von anderen Pegeln, z.B. ausländischer oder die des Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) hinzugezogen. Vor allem auf Eisbildung und Verkrautung muss ein besonderes Augenmerk gelegt werden. Zusätzlich werden alle neu getätigten punktuellen Abflussmessungen geprüft, um zu entscheiden, ob die aktuell gültigen WQ-Beziehungen angepasst werden müssen. Erst anschließend können auch die Abflussdaten berechnet werden. Grundsätzlich werden bei der AGE Phänomene wie Verkrautung in den Abflussdaten korrigiert, in den Wasserstandsdaten jedoch als natürlich vorkommenden Zustand beibehalten.

Pegelhauptwerte

Bei der AGE werden für die Pegel, an den langjährige Zeitreihen vorliegen, gewässerkundliche Hauptwerte berechnet. Die Hauptwerte sind in der unteren Tabelle aufgelistet. Diese dienen nicht nur der Charakterisierung des Gewässers am Pegel, sondern vor allem wasserwirtschaftlicher Fragen, für deren Ausführung die Hauptwerte bekannt sein müssen. So z.B. der MNQ, der für die Berechnung von Mindestabflüssen in Ausleitungsstrecken oder maximal zulässige Abwassereinleitungen benötigt wird.

Die Hauptwerte werden regelmäßig mit neu verfügbaren Zeitreihen aktualisiert. Aufgrund der nur kurzen Zeitreihen an luxemburgischen Pegeln geschieht dies zurzeit bei der AGE nur, wenn die neuen Zeitreihen repräsentativ und nicht außergewöhnlich (z.B. sehr trockenes oder sehr feuchtes Jahr) sind. Um trotz der kurzen Zeitreihen eine verlässliche Grundlage zu schaffen, wurden zusätzlich langjährige Zeitreihen von mehreren unterschiedlich großen und benachbarten Pegelstationen im Sauer-Einzugsgebiet sowie regionalhydrologische Überlegungen in die Analysen und Berechnungen der Hauptwerte mit einbezogen. Dazu dienen die drei Pegelstationen Bollendorf/Sauer (Zeitreihe: 1959-2013), Gemünd/Our (Zeitreihe: 1973-2013) und Gemünd/Irsen (Zeitreihe: 1977-2013) des Landesamtes für Umwelt (LfU) Rheinland-Pfalz. Diese Anpassungen werden als zeitlich adjustierte und angepasste Hauptwerte bezeichnet und betreffen bei der AGE die drei Abflusskenngrößen MNQ, MQ und MHQ.

Weiterhin ist zu bemerken, dass sowohl der NQ als auch der MNQ auf Basis von Tagesmittelwerten berechnet wird. Dies ist erforderlich, damit anthropogene und natürliche verursachte, kurzzeitige Schwankungen im Niedrigwasser (z.B. durch Kraftwerke, Kläranlagen, Wasserentnahmen etc.) herausgemittelt werden können. Alle anderen Abflussgrößen werden auf Basis von 15-min Werten berechnet.

Abkürzung Einheit Bezeichnung Erläuterung
abréviation unité désignation explication
abbreviation unit designation explication
NQ m³/s Niedrigster Abfluss Niedrigster Wert im Bezugszeitraum mit Datumsangabe, auch bekannt als NNQ (Auf Basis von Tagesmittelwerten)
Débit minimum Valeur minimale par période de référence avec date, également appelé NNQ (basée sur moyennes journalières)
Minimal discharge Lowest value during reference period with date, also known as NNQ (based on daily averages)
MNQ m³/s Mittlerer Niedrigwasserabfluss Mittel der niedrigsten Werte pro Jahr im Bezugszeitraum (auf Basis von Tagesmittelwerten)
Moyenne des débits minimaux Moyenne des débits minimaux par année dans la période de référence (basée sur moyennes journalières)
Mean low water discharge Mean minimal discharge per year during reference period (based on daily averages)
MQ m³/s Mittlerer Abfluss Arithmetisches Mittel im Bezugszeitraum (Auf Basis von 15-min Werten)
Débit moyen Moyenne arithmétique pour la période référence (basée sur données 15 min)
Mean discharge Mean discharge during reference period (based on 15-min data)
MHQ m³/s Mittlerer Hochwasserabfluss Mittel der höchsten Werte pro Jahr im Bezugszeitraum (Auf Basis von 15-min Werten)
Moyenne des débits maximaux Moyenne des débits maximaux par année dans la période de référence (basée sur données 15 min)
Mean high water discharge Mean maximal discharge per year during reference period (based on 15-min data)
HQ m³/s Höchster Abfluss Höchster Wert im Bezugszeitraum mit Datumsangabe, auch bekannt als HHQ (Auf Basis von 15-min Werten)
Débit maximum Valeur maximale par période de référence avec date, également appelé HHQ (basée sur données 15 min)
Maximal discharge Highest value during reference period with date, also known as HHQ (based on 15-min data)

Hochwasserstatistik

Sowohl für die Hochwasservorhersage als auch für Bemessungsfragen im Hochwasserschutz ist es wichtig, ein Hochwasser mit einer statistischen Bewertung zu versehen. Dazu werden die sogenannten Wiederkehrzeiten eines Hochwassers berechnet. Diese werden wie folgt angegeben:

Abkürzung Einheit Bezeichnung Erläuterung
abréviation unité désignation explication
abbreviation unit designation explication
HQX m³/s X-jährliches Hochwasser Hochwasser mit einer Wiederkehrzeit von X Jahren, d.h. das statistisch gesehen, einmal in X Jahren auftritt.
Crue X-ennales / crue de X ans Crue avec un temps de retour de X ans, c.-à-d. qui se produit statistiquement une fois en X années
X-year flood Flood with a return period of X years, i.e. which statistically occurs once in 10 years

Ein HQ5 bedeutet, dass ein Hochwasser entsprechender Größe wahrscheinlich einmal in fünf Jahren auftritt, ein HQ100 einmal in 100 Jahren. In der Regel spricht man auch von einem fünfjährigen Hochwasser oder vom Jahrhunderthochwasser. Der Trugschluss, dass ein Jahrhunderthochwasser nur einmal in 100 Jahren auftritt, ist jedoch falsch. So kann es auch in zwei aufeinanderfolgenden Jahren zu einem Jahrhunderthochwasser kommen.

Als Grundlage für die statistischen Berechnungen dienen langjährige Messreihen an den Pegeln. Je länger die Zeitreihen sind, je robuster sind die Ergebnisse. Dies ist umso wichtiger, da viele Bemessungsfragen in wasserwirtschaftlichen Projekten von den Daten abhängen. So werden z.B. die Hochwassergefahren- und Hochwasserrisikokarten für HQ10, HQ100 und HQextrem (1.000) aufgestellt. Bei der Berechnung von Talsperren kommen sogar HQ10.000 zum Einsatz.

Da verlässliche Abflusszeitreihen an den luxemburgischen Pegelstationen generell nur für relativ kurze Zeiträume vorliegen, wurden u.a. spezifische Informationserweiterungen wie beispielsweise langjährige Zeitreihen von benachbarten Pegeln u.a. in Deutschland sowie regionalhydrologische Überlegungen und Analysen in die Berechnungen mit einbezogen. Zusätzlich kommen 1-D-Hydraulik Modelle zum Einsatz. Die statistischen Werte werden regelmäßig mit neu verfügbaren Zeitreihen aktualisiert.

In der unteren Abbildung ist die Vorgehensweise schematisch dargestellt. Als Grundlage dient der HQ-Wert pro Jahr (d.h. 10 Jahre Daten ergeben 10 Werte).

Vorbereitende Arbeiten:
  • Die Zeitreihe ergibt sich aus den HQ-Werten pro Jahr im Bezugszeitraum, man spricht dann auch von der Stichprobe
  • Die Stichprobe muss verschiedene Voraussetzungen erfüllen (Unabhängigkeit, Repräsentativität, Konsistenz, Homogenität).
Wahrscheinlichkeitsanalyse:
  • Für die Wahrscheinlichkeitsanalyse der Stichprobe werden die HQ-Werte sortiert und ihre Unterschreitungswahrscheinlichkeit berechnet.
  • Die Umkehrfunktion der Wahrscheinlichkeit ergibt das Wiederkehrintervall.
  • Die Wahrscheinlichkeiten werden grafisch dargestellt und dafür die passende Verteilungsfunktion gesucht.
Verteilungsfunktion F(x):
  • Für jede Verteilungsfunktion werden die Parameter geschätzt, wozu unterschiedliche Parameterschätzmethoden zur Verfügung stehen.
  • Die beste Kombination aus Verteilungsfunktion und Parameterschätzmethode wird ausgewählt. Dies kann visuell oder über verschieden Testverfahren erfolgen.
  • Aus der Verteilungsfunktion können anschließend unterschiedliche Wiederkehrintervalle berechnet werden.
Übersicht über die Vorgehensweise bei der Berechnung einer Hochwasserstatistik